Im Gespräch mit Maik

Engagiert für OpenTechSchool

Sein Wissen mit anderen zu teilen, das ist Maiks Ansporn, wenn er als ehrenamtlicher Coach an den Co-Learning-Treffen der OpenTechSchool teilnimmt. Er wünscht sich mehr Menschen und unterschiedliche Perspektiven in der Tech-Branche, damit sie diverser wird. 2018 hat Maik deswegen gemeinsam mit anderen Initiator*innen Data-Science- und Data-Engineering-Treffen ins Leben gerufen, die seitdem regelmäßig stattfinden.

Veröffentlicht

21. Oktober 2020

Geführt von

Claudia Haas

Eure Treffen, die Meetups für Data Science und Data Engineering, finden im Rahmen der OpenTechSchool statt. Was ist die OpenTechSchool und warum habt ihr euch dort angeschlossen?

Die OpenTechSchool bietet kostenlose Programmiertreffen, bei uns Meetups genannt, und Workshops für Tech-Interessierte an. Wir halten aber keine Vorträge. Manchmal werden Seminare veranstaltet, aber den Großteil des Angebots machen die Co-Learning-Treffen aus. Das heißt, Menschen bringen ihren Computer zu Treffen mit, stellen Fragen und unsere Coaches helfen ihnen live. Der Betreuungsschlüssel ist dabei nicht wie bei einer Schulklasse, sondern eher eins zu drei oder eins zu vier. Das ist viel persönlicher und Leute trauen sich in dieser Atmosphäre eher, Fragen zu stellen. Es ist spannend, dass die Teilnehmenden, die zum Meetup kommen, meistens selbst auch einen gewissen technischen Hintergrund haben und sie sich gegenseitig Fragen beantworten können. Gleichgesinnten diesen Raum zu geben, sie an einen Ort zu versammeln und Wissen auszutauschen, das ist für mich das Mindset der OpenTechSchool. Die OpenTechSchool wurde von Tech-Enthusiast*innen 2012 gegründet. Im ehrenamtlichen Vereinsvorstand arbeiten drei Personen. Was wichtig ist: Die OpenTechSchool hat einen Code of Conduct. Es ist uns sehr wichtig, dass es für jedes Treffen Regeln gibt, an die sich die Teilnehmenden halten und die allen Interessierten die Chance geben, sich willkommen zu fühlen – unabhängig von Gender, Hautfarbe etc. Wir verstehen uns als inklusives Projekt und streben Diversität an. Das Publikum ist normalerweise gemischt, auch auf das Alter bezogen: Zwischen 16 und 52 waren schon alle Altersklassen da. Wichtig ist immer, dass sich alle Leute wohlfühlen und es keine Benachteiligung von Minderheiten gibt. Diese Regel würden wir im Zweifelsfall durchsetzen, bisher war es aber noch nicht nötig.

Was genau ist deine Rolle in der OpenTechSchool?

Ich bin der Co-Organiser vom Data-Science- und Data-Engineering-Meetup. Das heißt, gemeinsam mit vier anderen Personen organisiere ich die regelmäßigen Meetups, stelle sie auf der Meetup-Plattform und in anderen sozialen Netzwerken ein und beantworte Fragen von Interessierten. Während des Treffens stehe ich als Coach zur Verfügung. Es kommt auch öfter vor, dass Leute fragen, ob ich ihren Lebenslauf gegenlesen kann. In den letzten ein bis zwei Jahren haben wir zudem verstärkt darauf geschaut, mit welchen Anliegen die Leute zu uns kommen. Wenn ein Thema häufig angesprochen wird, überlegen wir uns, ein Seminar dazu anzubieten. Eine Aufgabe von uns Organisierenden ist es auch, unsere Homebase zu stabilisieren. Das ist ein schwieriger Punkt, weil die Leute relativ unregelmäßig zu den Meetups kommen. Das macht es schwieriger für mich, die Treffen zu planen und den persönlichen Lernerfolg der Menschen zu verfolgen. Die Verbindlichkeit fehlt: Sich anmelden heißt nicht automatisch, dass man kommt. Das ist schade, aber gleichzeitig auch der Charme daran: maximale Flexibilität. Bei einmalig stattfindenden Workshops ist das anders. Da gibt es meistens eine Warteliste.

Und für welche Zwecke wenden die Meetup-Teilnehmenden das Gelernte an? Arbeiten sie an gemeinnützigen Projekten oder ist es für die Arbeit oder private Projekte?

Das ist sehr unterschiedlich. Ein Großteil der Lernenden will einen Fuß in die Tech-Branche setzen und dort einen Job finden. Es sind viele Quereinsteiger*innen, die zum Beispiel in Berufsfeldern der Mathematik, Physik oder Biologie arbeiten und sich umorientieren wollen. Viele Meetup-Teilnehmende haben in der Vergangenheit Coding-Bootcamps besucht. Das ist seit einigen Jahren so ein Trend: Dort lernt man intensiv in zwölf Wochen Programmieren und ist dann bereit für den ersten Job. Solche Leute kommen relativ häufig, um die Communityarbeit zu unterstützen und um sich zu vernetzen. Denn Beziehungen helfen auch in der Tech-Branche bei der Jobsuche. Eine weitere Gruppe Teilnehmender kommt zu den Treffen mit Problemen von der Arbeit. Sie fragen dann, ob jemand eine Idee oder eine bessere Lösung parat hat. Aber natürlich legen sie dabei keine echten Daten offen. Am Anfang jedes Meetups gibt es eine kurze Vorstellungsrunde: Was ist dein Background? Wie heißt du? Was willst du machen? Wobei kannst du helfen? Worum es in den Projekten genau geht, ist häufig nicht bekannt, weil die Probleme der Teilnehmenden oft abstrakt sind. Es geht nämlich nicht darum, dass wir ein spezifisches Problem lösen wollen, sondern den Lernenden das Verständnis vermitteln wollen, sämtliche Situationen mit ähnlicher Problematik meistern zu können

Wie ist euer Umgang mit Software in der OpenTechSchool? Gibt es einen Fokus auf Open Source Anwendungen?

Alles, was wir machen, ist unter Creative Commons lizensiert, zum Beispiel auch unsere Webseite. Das heißt, die Inhalte dürfen unter Angabe der OpenTechSchool weiterverbreitet und bearbeitet werden. Für jedes Meetup gibt es zudem eine Art Website, auf der alle Ressourcen und Materialien geteilt werden. Die ist auch Open Source, genauso wie der Quellcode für alle Seminare und Präsentationen, die wir machen. Wir nutzen so oft wie möglich Open-Source-Tools, aber 100 Prozent sind es nicht. In der Corona-Zeit haben wir zum Beispiel für unsere Online-Kommunikation und die Meetups einen Slack-Account eingerichtet. Generell streben wir aber aktiv an, Open-Source-Technologien zu nutzen, denn sie machen es einfacher, mit der Community zusammenzuarbeiten. Wir haben einmal einen Workshop organisiert, in dem es darum ging, wie man etwas zur Entwicklung von Open-Source-Technologien beitragen kann. Das war spannend, weil viele unterschiedliche Menschen dabei waren, die verschiedenste Fragen gestellt haben. Teilweise haben sie großen Respekt davor, sich selbst einzubringen. Diese Schwelle möchten wir abbauen.

Dein Engagement als Coach ist ehrenamtlich und findet in deiner Freizeit statt. Was sind die Gründe, aus denen du das tust?

Rückblickend habe ich 95 Prozent meines Wissens selbst gelernt, über Blogposts, YouTube-Videos und so weiter. In meiner Karriere und auch in meinem derzeitigen Beruf als Consultant stehe ich häufig auf der anderen Seite und werde als Externer für diese Arbeit bezahlt. Dabei komme ich ursprünglich aus der Wissenschaft, die den Anspruch vertritt, Ergebnisse zu veröffentlichten und frei verfügbar zu machen. Ich möchte mit meinem Ehrenamt der Gesellschaft etwas zurückgeben und spende dafür meine Zeit unentgeltlich. Menschen sollen bessere Chancen bekommen, als ich sie hatte. Das ist für mich die Hauptmotivation, jede Woche zum Treffen zu gehen. Es gehört natürlich auch dazu, die persönliche Entwicklung der Teilnehmenden zu sehen. Einige haben einen Riesensprung gemacht und sind mit ihrem Wissen auf einem ganz anderen Level als vorher. Es gibt mir mentale Befriedigung zu sehen, dass mein Engagement einen Impact hat.

Was ist der Mehrwert von technischer Expertise für die Teilnehmenden?

Wenn man in der Tech-Branche erst einmal den Fuß in der Tür hat, ist es relativ einfach, sich dort zu etablieren. Es ist ein sicherer Job. Spannend ist auch, dass alle Menschen unterschiedliche Sachen lernen und verstehen. Wenn ich dir etwas erkläre und du es dann jemandem anderen erklärst, benutzt du dafür wahrscheinlich andere Wörter. Wenn es viele Expert*innen gibt, bringt jede*r unterschiedliche Perspektiven mit in die Industrie und macht sie damit diverser. Das ist für mich ein Ansporn und die Richtung, die ich unterstützen möchte. Zudem ist ein Mehrwert von Tech-Kenntnissen, dass man ab einem bestimmten Punkt in der Karriere in der Lage ist, eine App oder Geschäftsidee selbst zu programmieren. So ist man relativ unabhängig. Man lernt, Ressourcen zu nutzen, die man vorher vielleicht nicht kannte. Es gibt Millionen Programmiersprachen und Produkte. Da ist es manchmal gar nicht so einfach, die passenden für das eigene Projekt zu finden. Mit deiner Projektidee kannst du zu unseren Meetups kommen. Wir helfen dir dort und du kannst daran feilen, bis am Ende ein fertiges Produkt entstanden ist. Menschen in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Ideen umzusetzen, ist im Tech-Bereich sehr einfach.

Mit dem Prozess der Digitalisierung, in dem wir uns gerade befinden, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, bei der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken – auch unabhängig von einem wirtschaftsgetriebenen Interesse. Welche Vorteile siehst du in digitaler Technik für die Gesellschaft im Allgemeinen?

Die Corona-Pandemie ist ein ganz gutes Beispiel: Es gab zu Beginn einen von der Bundesregierung organisierten Hackathon, bei dem 28.000 Leute ehrenamtlich mitgemacht haben. Die haben geschaut, was sie machen können, damit es unserer Gesellschaft besser geht. Dabei sind relativ viele App-Ideen entstanden, auch von dem Unternehmen, bei dem ich arbeite. So kann man Gutes tun, in Krisenzeiten und in guten Zeiten. Es ist auch ein Enablement oder Empowerment, das durch Technologien ermöglicht wird, indem Anwendungen zum Gemeinwohl der Gesellschaft beitragen können.

Uns ist auch der Zusammenhalt der Tech-Community in der Krisenzeit wichtig, deswegen haben wir unsere Treffen während des Lockdowns häufiger, also wöchentlich, online angeboten. So konnten wir uns öfter sehen, uns austauschen und der Isolation einzelner „Techis” ein bisschen vorbeugen.

Gibt es Erfolge, die du erzielen konntest, du persönlich oder auch als Verein?

Wir hatten letztes Jahr ein großes Meeting von allen Organisierenden der OpenTechSchool. Zu sehen, wie viele Leute mittlerweile beteiligt sind, war ein schönes Gefühl. Ein persönlicher Erfolg für mich ist auch die Entwicklung der Meetup-Teilnehmenden. Einer der Menschen, die vor gut 18 Monaten angefangen haben, war sehr oft da und ist jetzt zum Co-Organisator geworden. Er kann mittlerweile anderen Leuten weiterhelfen, obwohl er damals erst angefangen hat, zu programmieren und gerade mal zwei Zeilen Code schreiben konnte. Das verschafft ihm auch beruflich mehr Möglichkeiten. Ich habe einigen Leuten bei der Jobsuche geholfen, dadurch vergrößert sich mein Netzwerk. Ich helfe dir, du hilfst mir vielleicht auch irgendwann. Wir sind alle eine Community.

Vielen Dank für das Gespräch, Maik!