Im Gespräch mit Francesca

Projektcoach bei Fairplaid

Kleinere Sportvereine haben oft mit finanziellen Engpässen zu kämpfen und müssen sich über Sponsoringpartnerschaften finanzieren. Die Crowdfunding-Plattform Fairplaid unterstützt Sportler*innen, Vereine, Mannschaften oder Organisationen dabei, Gelder für neue Trikots, Flüge zum Trainingslager oder für den Ausbau des Vereinsheims zu sammeln. Dabei ist das Crowdfunding für die Vereine häufig auch ein Anstoß zur Professionalisierung. Als Projektcoach von Fairplaid begleitet und berät Francesca die Initiator*innen der Crowdfunding-Kampagnen.

Veröffentlicht

21. Oktober 2020

Geführt von

Claudia Haas

Fairplaid wurde 2013 gegründet und unterstützt Vereine bei der Finanzierung verschiedenster Projekte. Wie funktioniert Fairplaid?

Fairplaid ist eine Crowdfunding-Plattform, auf der Sportvereine und Privatpersonen Crowdfunding-Projekte starten und über einen bestimmten Zeitraum Geld sammeln können. Crowdfunding ist eine Art Schwarmfinanzierung und ermöglicht die Verwirklichung von Projekten durch die Spende von vielen motivierten Unterstützer*innen, die an eine Idee glauben. Zu Anfang legen die Projektstarter*innen ein Finanzierungsziel fest. Bei Erreichen dieses Ziels wird die vollständige Summe ausgezahlt. Gelingt das nicht, erhalten die Unterstützenden ihre Gelder wieder zurück. Fairplaid stellt nicht nur die Crowdfunding-Infrastruktur bereit, sondern steht vor allem den Initiator*innen beratend beiseite. Für viele Sportvereine ist das Thema Crowdfunding immer noch etwas Neues, obwohl es das schon ein paar Jahre gibt. Gerade die Fans, die Community, die im Sport besonders wichtig ist, sollen mit einbezogen werden. Unsere Mission ist es, eine neue Finanzierungssäule der Sportförderung zu etablieren.

Warum ist Crowdfunding als neues Beteiligungs- und Förderungstool im Sport wichtig?

Im Sport gibt es viele Fans, viele Mitglieder. Es geht um die Gemeinschaft, um bestimmte Werte, die man mit einem Verein vertritt. Essenzielle Bestandteile für ein erfolgreiches Crowdfunding-Projekt sind also beim Sport stets vorhanden – die Crowd und Emotionen. Athlet*innen und Sportorganisationen benötigen also nur noch die richtigen Instrumente und Instruktionen, um das vorhandene Potenzial auszuschöpfen und in finanzielle Unterstützung umzumünzen. Crowdfunding ist eine Möglichkeit dafür und kann für verschiedene Zwecke eingesetzt werden. Häufig wird für Equipment und Ausstattung der Sportler*innen oder für Wettbewerbsfahrten zu Turnieren im Ausland Geld gesammelt. Auch größere infrastrukturelle Projekte, zum Beispiel Kunstrasenplätze oder die Modernisierung des Vereinsheims, können mit Crowdfunding finanziert werden. Viele Sportarten, auch kleinere Fußballvereine, haben Schwierigkeiten, Sponsor*innen zu finden, weil der Sponsoringmarkt stark umkämpft ist. Auf lokaler Ebene buhlt jeder Verein um die gleichen geldgebenden Unternehmen. Deswegen ist es gut, über Crowdfunding einen alternativen Fördermechanismus nutzen zu können und einfach die Community einzubeziehen. Es ist schön zu sehen, dass auf unserer Plattform verschiedenste Sportarten vertreten sind: Gängige Sportarten wie Fußball, aber auch Unterwasserhockey oder Quidditch. Selbst bei Ropeskipping, also Seilspringen, gibt es Weltmeisterschaften, die finanziert werden müssen.

Wer sind die Spender*innen der Crowdfunding-Aktionen? Sind das eher Individuen aus der Zivilgesellschaft oder Unternehmen aus der Region?

Alle. Natürlich kommt bei Projekten von lokalen Sportvereinen die Unterstützung zu großen Teilen aus dem eigenen Umfeld. Das fängt bei den eigenen Vereinsmitgliedern an, was auch nötig ist. Wenn die Mitglieder des eigenen Vereins nicht unterstützen, warum sollten es dann andere tun? Es geht darum, von innen nach außen zu gehen, das lokale Umfeld und alle zu aktivieren, die eine emotionale Bindung an das Projekt, an den Verein haben. Das können sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen sein. Unternehmen spenden beim Crowdfunding häufig größere Beträge. Um eine Gegenleistung anzubieten und die Crowdfunding-Kampagne gleichzeitig mit der Sponsor*innensuche zu verbinden, werden häufig Sponsoringpakete geschnürt. So hat sich schon die eine oder andere neue Sponsoringfirma gefunden, weil die Aufmerksamkeit, die durch das Crowdfunding erregt wurde, überzeugt hat.

Wie ist der Ablauf einer Crowdfunding-Kampagne? Gibt es ein bestimmtes Verfahren? Werden die Projekte ggf. auf Gemeinnützigkeit geprüft?

Generell kann jede*r ein Projekt starten, sowohl Privatpersonen als auch Organisationen. Meistens laufen die Projekte über einen Verein, in dem eine Person das Projekt startet und alles organisiert: die Registrierung auf unserer Plattform, das Anlegen der Projektseite und das Einpflegen der Texte. Während die Crowdfunding-Kampagne läuft, wird das gespendete Geld nicht direkt auf das Vereinskonto übertragen. Ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Zahlungsabwickler verwaltet das Treuhandkonto, auf dem das Geld während der Projektlaufzeit gelagert wird. Für diesen Prozess brauchen wir eine Verifizierung der Projektstarter*innen, um sicherzustellen, dass es diesen Verein oder die Person auch wirklich gibt. Bei Vereinen ist es die Satzung oder der Vereinsregister-Ausdruck, die Unterschriften der Vereinsvorsitzenden, gegebenenfalls auch eine Vollmacht für den oder die Projektstarter*in. Der Zahlungsabwickler prüft alle Dokumente nach dem Geldwäschegesetz. Sobald alles geprüft ist, geht die Kampagne live und jede*r kann mitmachen.

Was passiert, wenn das Crowdfunding erfolgreich abgeschlossen ist?

Der/die Projektstarter*in bekommt nach erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne eine Unterstützer*innenliste und muss die Prämien verteilen, wenn welche gekauft wurden. Geldgebende können auch ohne eine Gegenleistung unterstützen. In unseren AGB steht, dass das Geld nur für den angegebenen Projektzweck verwendet werden darf. Das ist eine rechtliche Absicherung. Auch die Crowd, also die Unterstützer*innen, ist zur Überprüfung da, als eine Art Selbstkontrollmechanismus. Wenn die Crowd merkt, dass der Verein zum Beispiel nicht zu dem Wettbewerb gefahren ist, würde sie sich entweder bei uns oder bei dem Projektstarter melden. Weil der Prozess so demokratisch und transparent ist, regelt sich fast alles von alleine.

Mit Fairplaid können Vereine Projekte realisieren, die zuvor vielleicht nicht finanzierbar waren. Eure Plattform bietet eine neue Art und Weise der Beteiligung für – zumeist – gemeinwohlorientierte Vorhaben. Wie wirkt sich das Crowdfunding von Fairplaid auf den Dritten Sektor, auf gemeinnützige Organisationen, aus?

Crowdfunding ist nicht nur eine reine Finanzbeschaffung, auch wenn die Finanzierung natürlich im Vordergrund steht. Es gibt auch viele Begleiterscheinungen, die dem Verein nachhaltig zugutekommen. Zum einen fährt der Verein mit dem Crowdfunding-Projekt eine klassische Kampagne. Dabei baut er Reichweite auf, stärkt das Netzwerk und weitet es aus. Das führt häufig zu neuen Followers in den sozialen Medien, zu neuen Vereinsmitgliedern und zu mehr Kontakten generell. Es öffnen sich im Nachhinein neue Türen, auch neue Sponsoringpartner*innen werden gewonnen. Viele sind überrascht, wie viele Unterstützende zusammenkommen und wie groß ihre Crowd eigentlich ist. Die Vereine durchlaufen oft auch eine gewisse Professionalisierung, weil sie sich mit bestimmten Themen, wie zum Beispiel Social-Media-Marketing oder dem Anlegen einer Sponsoringmappe, intensiver beschäftigen. Eine Projektstarterin hat neulich erzählt, dass die Vorbereitung und Durchführung des Crowdfunding-Projekts für sie wie ein Schnelldurchlauf einer Ausbildung in Social-Media-Management war. Das Know-how, welches sich die Vereine im Projektverlauf aneignen, können sie im Nachhinein sehr gut nutzen. Manche Vereine sind durch ihr Crowdfunding-Projekt das erste Mal dazu angehalten, ihre eigenen Mitglieder zu organisieren. Es ist immer schön zu sehen, dass im Nachgang der Projekte viele Entwicklungen stattfinden und Wissen, welches sich durch das Projekt aufgebaut haben, nachhaltig genutzt werden kann. Die Quote der erfolgreichen Crowdfunding-Projekte liegt plattformübergreifend bei ungefähr 85 bis 90 Prozent, ist also relativ hoch. Unsere Beratung ist sehr nahe an den Projektstarter*innen, denn wir sind im Team so breit aufgestellt, um mit jedem Verein zu telefonieren und individuell Tipps zu geben.

Kommunales oder regionales Crowdfunding hat großes Potenzial, den Auswirkungen der Corona-Pandemie entgegenzuwirken. Einige Vereine oder Kultureinrichtungen sind durch die wirtschaftlichen Folgen zum Teil in ihrer Existenz bedroht. Welche Rolle spielt deiner Meinung nach die regionale Verantwortung bei Crowdfunding-Projekten?

Regionale Verantwortung spielt bei Crowdfunding-Projekten eine große Rolle. Wir sind zwar mit der Sportcrowdfunding-Plattform gestartet, haben aber gemerkt, dass eben auch gerade lokales, kommunales Crowdfunding eine sinnvolle Sache für alle möglichen Projekte ist. Wir arbeiten zum Beispiel mit vielen Stadtwerken zusammen, denen es am Herzen liegt, die Stadt in allen möglichen Bereichen weiter zu fördern. Deswegen haben wir in Kooperation mit dem VKU, dem Verband kommunaler Unternehmen, eine Whitelabel-Lösung für die städtischen Versorgungsunternehmen entwickelt, die damit ihre eigene Förderplattform verwalten können. Das heißt, wir stellen die Technologie der Plattformen zur Verfügung und verkaufen Lizenzen an die kommunalen Unternehmen. So gibt es allgemeine, städtische Fördertöpfe, um die vielen Sponsoringanfragen zu organisieren und eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Lokale Unternehmen stellen dabei die Fördertöpfe zur Verfügung. Es hat sich gezeigt, dass vor allem engagierte Vereine diese Crowdfunding-Plattformen in Anspruch nehmen und gefördert werden. Auf dem Portal kommunales-crowdfunding.de sind alle Partnerstädte gelistet.

Welches Geschäftsmodell liegt Fairplaid zugrunde?

Ein Teil des Geschäftsmodells sind Projektgebühren, die wir beim Crowdfunding erheben: Bei erfolgreich abgeschlossenen Projekten, die ihre Zielsumme erreicht haben, erhalten wir jeweils einen Prozentsatz von der Fundingsumme. Wenn das Projekt die Zielsumme nicht erreicht, gehen die Gelder wieder zurück an die Unterstützenden, dann werden keine Gebühren erhoben. Ein anderer Teil unserer Einnahmen ergibt sich durch das Whitelabel-Geschäft, welches wir in den letzten Jahren aufgebaut haben.

Inwieweit ist Fairplaid mit anderen Organisationen vernetzt? Gibt es ein Zusammenwirken mit anderen Plattformen für zivilgesellschaftliches Engagement, die zur digitalen Engagement-Infrastruktur beitragen?

Durch unsere Partnerschaft mit dem VKU sind wir automatisch in das Netzwerk der Partnerstädte eingebunden. In diesem Kreis finden regelmäßig auch Offlinetreffen statt, bei denen sich alle Beteiligten über die Erfahrungen im Crowdfunding-Bereich austauschen und so voneinander profitieren können. Grundsätzlich sind wir offen für alle möglichen Partnerschaften und versuchen, uns im Crowdfunding-Geschäft immer informiert zu halten. Neben der Kooperation mit dem VKU möchten wir in Zukunft auch in anderen Themenfeldern eine Plattforminfrastruktur anbieten. Zum Beispiel für Freiwilligendienste, bei denen die Freiwilligen Geld für ihre Organisation im Ausland sammeln.

Vielen Dank für das Gespräch, Francesca!